Das Aktionsbündnis gegen Geschlossene Unterbringung in Thüringen trifft sich derzeit alle 4 bis 6 Wochen virtuell. Aktuell sind die Eröffnung und Betriebsaufnahme einer sog. „Geschützten Unterkunft“ im thüringischen Mühlhausen Gegenstand der Diskussion.
Allen kritischen Stimmen aus Gesellschaft, Wissenschaft und Politik zum Trotz bekam die geschlossene Einrichtung eine Betriebserlaubnis und konnte im Mai 2020 eröffnen. Die mögliche Signalwirkung, die von dieser Einrichtung, die die erste ihrer Art in den neuen Bundesländern ist, ausgehen könnte, ist besorgniserregend. Ziel des Aktionsbündnisses ist nun, die (Fach)Öffentlichkeit über die bestehenden Widersprüche in der Thüringer Diskussion um die vorgebliche ‚Notwendigkeit‘ von Geschlossener Unterbringung aufzuklären und Alternativen innerhalb der Jugendhilfe aufzuzeigen.
In dem Kontext trafen sich Bündnisteilnehmer*innen mit den jugendhilfepolitischen Sprecher*innen der rot-rot-grünen Landesregierung. Außerdem lud das Bündnis am 2. Februar 2021 zu einer digitalen Informationsveranstaltung ein. Bei dem gut besuchten Treffen stellte das Bündnis seine Positionen sowie aktuelle Entwicklungen und anstehende Veranstaltungen vor. Die nächste digitale Informations- und Kennenlern-Veranstaltung ist für Ende April/Anfang Mai angedacht.
Dass alternative Modelle zur geschlossenen Unterbringung nicht nur aus der Praxis nachweisbar möglich sind, sondern sich die Notwendigkeit dieser vor allem auch politisch-juristisch begründet, argumentierte am 19. Januar 2021 Prof. Dr. Friedhelm Peters (EHS Dresden) in seinem Vortrag „Heimerziehung und Kritische Soziale Arbeit. Strategien gegen Geschlossene Unterbringung“. Im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung des AKS Magdeburg gab er einen Überblick zu den Entwicklungen geschlossener Unterbringung innerhalb der Jugendhilfe der letzten 30 Jahre. Während Ende der 90er Jahre die Anzahl an Plätzen in geschlossener Unterbringung einen historischen Tiefstand erreichte, ist seit circa zehn Jahren ein Anstieg zu verzeichnen. Neben der Frage, was geschlossene Unterbringung eigentlich sei, und wie sie unter der euphemistischen Begrifflichkeit einer “intensiv-pädagogischen” Betreuung fortlebe, zeigte er vor allem auf, wie freiheitsentziehende Maßnahmen gegen die UN-Kinderrechtskonvention bzw. die Kinderrechte verstoßen. Den Vortrag kann man auf dieser Website des bundesweiten Aktionsbündnisses, zu dem das Aktionsbündnis gegen Geschlossene Unterbringung Thüringen gehört, nachhören.
Zur Beantwortung der Frage „Wie soll Kinder- und Jugendhilfe prospektiv gestaltet werden, um Kinder bestmöglich zu schützen und ihre Rechte zu stärken“ trafen sich am 4. März 2021 auf Einladung der rot-rot-grünen Koalition in Thüringen zahlreiche Vertreter*innen regionaler Institutionen der Jugendhilfe und des Kinderschutzes. Eingeladen waren hier auch für den Kinderschutzbund Carsten Nöthling und Prof. Dr. Diana Düring (EAH Jena). In ihrem Statement wiesen sie u.a. auf die bestehenden Widersprüche bzw. nicht einlösbaren Ansprüche hin, das Kindeswohl innerhalb geschlossener Einrichtungen sicherzustellen.
Das nächste Treffen des Thüringer Bündnisses findet am 23. März 2021 um 9:00 Uhr online statt. Bei Interesse an einer Teilnahme an den Treffen oder für weitere Informationen zum Thüringer Bündnis gegen Geschlossene Unterbringung bitte an gguth (at) posteo.de wenden.
f.d. Aktionsbündnis gegen Geschlossene Unterbringung Thüringen: Juliane Weiß, Mitarbeiterin Bildung, Vermittlung, Öffentlichkeitsarbeit in der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof