Im Rahmen erweiterter Kooperation von Kinder- und Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie wurde in Bremen im Dez. 2018 der Um- und Ausbau der sog. “geschützten Station” der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Klinikum Bremen-Ost vorgeschlagen. Die Bremer Deputationen für Soziales und für Gesundheit und der Bremer Senat stimmten diesem Ausbau der sog. “Kriseninterventionsplätze für Kinder und Jugendliche” mit dem dazugehörigen “Betriebskonzept” zu.
In 2020 – nach erfolgtem Um- und Ausbau beschäftigten sich der Bremer Senat und Bremer Senats-Ressorts “Soziales, Jugend, Integration und Sport” (unter Verantwortung Bündnis90/Grüne) und Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz (unter Verantwortung von Die.Linke) weiter mit dem Thema. Eine 10 Jahres-Rahmenvereinbarung bis 01.04.2030 wurde getroffen. In der Anlage heißt es, dass die Einrichtung Platz vorhält “für Patienten*innen, die aufgrund einer psychischen Krise oder einer psychischen Erkrankung sich oder andere so stark gefährden, dass sie psychiatrisch, psychotherapeutisch und pädagogisch intensiv betreut und in diesem Zusammenhang nach entsprechender Rechtsprechung (§ 1631b BGB, Bremer PsychKG) häufig auch gegen ihren Willen geschlossen untergebracht werden müssen.”
Die Einrichtung soll eine Alternative sein zum “eigenständigen Bau einer Einrichtung mit fakultativ geschlossenen Plätzen”. In der Begründung incl. Betriebskonzept der Klinik (Vorlage für die Deputationen vom 29.11.2018) heißt es (Auszüge):
“Mit Beschluss vom 14.03.2017, Ziffern 4 und 8, zur „Entscheidung über die Umsetzung einer Fakultativ geschlossenen Unterbringung“ hat der Senat im Rahmen des dazu vorgelegten Gesamtkonzeptes den ressortübergreifenden Planungsauftrag erteilt, Möglichkeiten zur kurzfristigen Krisenintervention zu schaffen:
„4. Der Senat bittet die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport unter Beteiligung des Senators für Inneres Möglichkeiten zur kurzfristigen Krisenintervention zu schaffen“.
„8. Der Senat nimmt den Sachstand der Planung für eine fakultative geschlossene Einrichtung (Herv. d. V.)(Planungsauftrag vom 12.04.2016) zur Kenntnis und folgt unter der Maßgabe, dass die angesprochenen, noch nicht realisierten Maßnahmen unter B. Lösung (Verstärkung begleitender Maßnahmen in U-Haft- und Strafhaft, Maßnahmen nach Haftentlassung, Maßnahmen zur Krisenintervention, u.a.) zeitnah realisiert werden, der Empfehlung, die Planung für eine solche Einrichtung zu beenden und angesichts der beschriebenen Entwicklungen von einem eigenständigen Bau einer Einrichtung mit fakultativ geschlossenen Plätzen in Bremen Abstand zu nehmen.“
„Insbesondere in Krisensituationen, in denen es zu eskalierten Verhaltensweisen seitens der Jugendlichen kommen kann, sind adäquate Reaktionsmöglichkeiten seitens der Polizei, der Jugendhilfe, der Justiz und auch der Psychiatrie durch Schaffung eines gering dimensionieren Angebots (ca. 2 Plätze) für eine kurzzeitige Krisenintervention notwendig.“ (Vorlage der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport (SJFIS) für den Senat vom 03.03.2017).
Im angehängten (s.o.) Betriebskonzept des Chefarztes und der Klinikpflegeleitung der Jugendpsychiatrie im Klinikum Bremen Ost werden das Konzept, die Maßnahmen und der dafür notwendige räumliche und personelle Rahmen skizziert. Es tauchen darin folgende Sätze auf (Auszüge):
1.4. “Aktualisierte Anforderung…”: Insbesondere aufgrund zunehmender, schwerer Gewalttätigkeit junger Frauen und Männer, der Zunahme schwerster psychischer Krisen bei Jugendlichen im Rahmen des Konsums “neuer”, überwiegend synthetischer Dogen und der Zunahme von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden, ist die Kapazität der geschützten Station nicht mehr ausreichend. Dadurch kommt es immer wieder zu einer deutlichen Überbelegung oder dazu, dass Patienten mit subakuter Selbstgefährdung (wie z.B. exzessiv schulmeidende Jugendliche (Herv. d. V.)) nicht oder auf den offenen Stationen der Klinik nur eingeschränkt behandelt werden konnten.” (…)
Einheit A: – Time-Out-Raum (Herv. d. V.) , – 4 Einzelzimmer, in denen auch die Möglichkeit der Fixierung besteht (…)
Rotation von der und in die akute Station. Die Mitarbeitenden sind durch die akute geschlossene Behandlungsform (Herv. d. V.) besonders belastenden Situationen ausgesetzt. …
Geplante Aufnahme. – Bei subakut gefährdeten Patient/Innen erfolgt nach Genehmigung der geschlossenen Unterbringung nach § 1631b BGB durch das Familiengericht (Herv. d. V.) eine Benachrichtigung der Klinik, wonach die Patient/In dann einbestellt werden.
Besonders problematisch erscheinen bei diesem Betriebskonzept die unklaren Formulierungen zu Zeitdauer und Definitonsmacht der verantwortlichen Jugendpsychiater*innen über die “notwendige Dauer” des Aufenthaltes in der Station KiJu und darin besonders des total geschlossenen Teils mit Time-Out Raum und Betten zur Fixierung. Im ungünstigsten Fall könnte hier eine unbestimmte Dauer und eine Verletzung der UN Kinderrechtskonvention) angelegt sein.