September 2002 | SozialExtra – Zeitschrift für Soziale Arbeit und Sozialpolitik, Heft 9/2002
Seit dem Regierungswechsel in Hamburg von einer Rot-Grünen Koalition zu einem konservativen Block ist mir dieser Satz häufig begegnet: “Nun hat es Sie auch erwischt. Nun sind Sie auch dran.” Dran mit was? Unterstellt wird, dass ein derartiger Regierungswechsel nachhaltige Folgen für die Soziale Arbeit hat – auf ihre finanzielle Ausstattung, ihre fachlichen Standards, ihr Ansehen in der Öffentlichkeit. Und wie zu erwarten war, ist es zu materiellen Einschnitten gekommen, und zwar vor allem für die Soziale Arbeit mit dem Klientel, dass unter einem besonders geringem Ansehen leidet (vgl. zu den Kürzungen www.schlechter-streich.de). Diesen Punkt will ich hier jedoch nicht besprechen. Sondern ich will anhand eines Hamburger Fallbeispiels – dem Versuch der Wiedereinführung der geschlossenen Unterbringung für (oder gegen) Kinder und Jugendliche – darstellen, wie die Diskussion in der Sozialen Arbeit unter einem konservativen Block geführt wird. Meine beiden Fragen sind: Wer argumentiert mit welchen Gründen für geschlossene Unterbringung, und wie positioniert sich die Fachwelt dazu?
Ein Kommentator in der “Welt” formulierte: “Sieht man einmal von ein paar populistischen Scharfmachern aus dem rechten und dem linken Spektrum ab, so gibt es unter Fachleuten kaum mehr ernsthaften Streit. Im Grundsatz sind sich alle darüber einig, dass beides notwendig ist. Die Jugendlichen hinter Schloss und Riegel zu bringen und sie intensiv pädagogisch zu betreuen.” (Schirg 2002) Doch offensichtlich gibt es in der Jugendhilfe nicht sehr viele Pädagogen, die sich in ihrem pädagogischen Alltag auf Schloss und Riegel angewiesen sehen. Wenn es unter Fachleuten kaum mehr ernsthaften Streit gibt, dann in der Ablehnung der Wiedereinführung der geschlossenen Unterbringung. Innerhalb eines Monats nach der Veröffentlichung der Pläne zu ihrer Wiedereinführung (vgl. Freie und Hansestadt Hamburg 2002a) hat die Fachwelt ihre Kritik und nicht ihre Zustimmung in deutlichen Worten formuliert. Es sind so viele ablehnende Stellungnahmen erschienen, dass ich sie in einer Fußnote anführe, um den Textfluss nicht zu unterbrechen. (2) Doch zunächst zu den Hintergründen. Weiterlesen