Wieder einmal beschließt die Politik in Hamburg, diesmal SPD und Grüne, dass eine geschlossene Einrichtung geplant werden soll, die zwischen Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie angesiedelt wird.
Zu dem Projekt äußern sich Fachverbände kritisch, hier die hamburgische Gesellschaft für soziale Psychiatrie, e.v. (HGSP), Dr. Charlotte Köttgen, Jugendpsychiaterin.
Download der Stellungnahme als pdf. Auszug: “Eine interdisziplinäre, sozialräumlich orientierte Zusammenarbeit, wie die Arbeit der Koordinierungsstelle beim DPWV Hamburg ist längst eine überwiegend gelingende Praxis. Dieses Modell wäre vordringlich zu diskutieren. Geeignete Hilfen, auch bei besonders Schwierigen, können mit Kooperation und Mut für jeden Einzelfall entwickelt werden.”
Klappentext: Die Verletzung von Kinderrechten in der Heimerziehung wird gemeinhin als überwunden angesehen. Das in diesem Band dokumentierte Tribunal über die Verletzung von Kinderrechten, das im Herbst 2018 in Hamburg stattfand, zeigte jedoch das Gegenteil: Auch gegenwärtig werden systematisch Disziplinierungs- und Degradierungstechniken in Einrichtungen der Jugendhilfe angewandt. Dieser Band dokumentiert die Aussagen von Betroffenen und Sachverständigen, analysiert Hintergründe und Dimensionen dieser Situation und diskutiert Schritte zu ihrer Überwindung.
Kinder und Jugendliche können in Deutschland auf der Grundlage des § 1631 b BGB geschlossen untergebracht werden und erfahren Freiheitsentziehung in stationären Einrichtungen der Heimerziehung. Sowohl die geschlossene Unterbringung als auch freiheitsentziehende Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe bedürfen aufgrund ihrer erheblichen Grundrechtsrelevanz seit der Reform des § 1631b BGB im Jahr 2017 der familiengerichtlichen Genehmigung. Die im Jahr 2017 erfolgte Aufnahme der freiheitsentziehenden Maßnahmen als Absatz 2 der Norm hatte u.a. die Ziele, die Eltern zu entlasten, diese Maßnahmen unter familiengerichtliche Kontrolle zu stellen sowie sie zu verkürzen, um so Kinder und Jugendliche vor ungerechtfertigten Maßnahmen zu schützen.
Dreizehn junge Menschen aus mehreren Bundesländern, die eigene Erfahrungen mit dem Thema haben, haben in drei Wochenend-Workshops ihre Erfahrungen mit Geschlossenheit und Freiheitsentzug ausgetauscht. Sie haben die reformierte Rechtslage diskutiert und Möglichkeiten zusammengetragen, wie Beteiligung und Beschwerde in Jugendhilfe und Psychiatrie trotz Freiheitsentziehung eingefordert und gelebt werden können. Erfahrene Sozialpädagog*innen und Jurist*innen des Kinder- und Jugendhilferechtsvereins e.V. haben die jungen Menschen auf diesem Weg begleitet. Herausgekommen ist eine Broschüre zum Thema, die die jungen Menschen selbst verfasst haben.
Veröffentlicht unterHessen|Verschlagwortet mitgegen GU, Hessen, Termin, Treffen|Kommentare deaktiviert für Treffen der Regionalgruppe Hessen am 10.06.2021
Referent Prof. Dr. Friedhelm Peters (FH Erfurt) im Januar 2021: Der Rückblick auf die Entwicklung geschlossener Unterbringung in der Kinder- und Jugendhilfe und der sie begründenden Diskurse zeigt, dass Geschlossene Unterbringung (GU) dysfunktional ist bezogen auf die (Weiter-)Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe. Außerdem verstößt sie gegen die UN-Kinderrechtskonvention/Kinderrechte. Es gibt Alternativen und gute Gründe, GU (endlich) abzuschaffen, auch wenn der disziplinäre (und politische) Streit um sog. „Systemsprenger*innen“ noch anhält.
Auszug: “Wie die Koalitionäre zu Recht feststellen, ist die beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Hamburg angesiedelte Koordinierungsstelle durchaus ein fachlich qualifiziertes Modell für die individuelle Hilfeplanung. Mit diesem Modell kann auch jenen, die von Abschiebung nach außerhalb oder in die Kinder- und Jugendpsychiatrie bedroht sind, eine dem Einzelfall und den besonderen Bedarfen entsprechende individuelle Hilfeplanung ermöglicht werden. Dies Modell lässt aber keineswegs den Schluss zu, wie im Koalitionsvertrag formuliert, dass eine gemeinsame Einrichtung aus Jugendhilfe und Psychiatrie diesen Jugendlichen gerecht werden könne. – Derartige „Institutionelle Lösungen“ führten in Hamburg wiederholt in eine Sackgasse, …
„Der alternative Wohlfahrtsverband SOAL hat am 06.11.2020 einen offenen Brief zu den Planungen einer Einrichtung in Kooperation von Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie in Hamburg veröffentlicht: „Kinder brauchen kein sicherndes, sondern ein verstehendes Umfeld“. Diesem schließen wir uns an und stellen ihn hier ein…
Prof. Dr. Nicole Rosenbauer hat für das Bundesweite Aktionsbündnis gegen Freiheitsentzug und geschlossene Unterbringung am 16.12.2020 in der öffentlichen Anhörung der Kinderkommission (KiKo) des Deutschen Bundestags Stellung beziehen können. Unter diesem LINK findet sich ein Text und eine Aufzeichnung/ein Video der Sitzung:
“Um das Hilfe-System für Kinder und Jugendliche zu verbessern, die nicht bei ihren Eltern wohnen können, brauche es in der Heimbetreuung mehr und besser qualifiziertes Personal, sagte Prof. Dr. Nicole Rosenbauer vom Bundesweiten Aktionsbündnis gegen Freiheitsentzug und geschlossene Unterbringung. Man verfüge in der Sozialpädagogik mittlerweile über ein ausgereiftes fachliches Instrumentarium, um zu einem differenzierten Fallverständnis zu kommen und Kindern die für sie passende Hilfe zukommen zu lassen.
Rosenbauer unterstrich außerdem die Forderung des Aktionsbündnisses nach einer Abschaffung der freiheitsentziehenden Unterbringung. Die Kinder würden dort entwürdigende und angstauslösende Maßnahmen erfahren und über ihre Aufenthaltsdauer im Heim hinaus unter den Spätfolgen leiden. Außerdem: Geschlossene Systeme seien anfällig für Machtmissbrauch. Die freiheitsentziehende Unterbringung sei „ein Irrweg“, lasse sich nicht humanisieren oder reformieren, sondern nur abschaffen. Das Versorgungssystem biete viele andere Möglichkeiten, Kinder und Jugendliche in offenen Strukturen, in Freiheit, zu betreuen und zu versorgen.”
Am Freitag, den 11. Dezember 2020 hat sich in Frankfurt die „Regionalgruppe Hessen“ unseres Bündnis gegen Geschlossene Unterbringung konstituiert.
Das nächste Treffen wird am 01.02.2021 um 16 Uhr stattfinden. Das Treffen wird online stattfinden. Personen, die interessiert am Aufbau der „Regionalgruppe Hessen“ sind und mitarbeiten wollen, können sich gern unter hessen(at)geschlossene-unterbringung.de (Anstelle von “[at]” ist das Zeichen “@” einzusetzen.) melden. Die Zugangsdaten zum Onlinetreffen folgen.
Erziehung stellt sich in offenbar für jede Gesellschaft als unverzichtbar dar. Auch wenn die jeweiligen Idealvorstellungen und Begründungen differieren, der Erziehungszwang wird kaum in Frage gestellt. In Kontexten der Jugendhilfe wurde und wird dieser zum Teil in Zwangserziehung übersetzt – als Erziehung gedacht; von den betroffenen Kindern und Jugendlichen als Zwang und Repression erfahren.
Mit der Veranstaltungsreihe wird Zwangserziehung im Alltag von Jugendhilfe bzw. in Heimerziehung in unterschiedlichen Systemen thematisiert.
Der Schwerpunkt DDR-Jugendhilfe/Heimerziehung wird veranschaulicht anhand einer Ausstellung der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau. Diese wird vom 05. bis 16. Oktober im Untergeschoss der Goethe Galerie präsentiert.
Zudem geht es um die Heimerziehung der 1950er bis 1980er Jahre der BRD sowie um die kritische Auseinandersetzung mit Zwangselementen in Erziehungshilfen heute. Immer noch werden Maßnahmen und Techniken (z.B. Time-Out-Räume, starre Stufensysteme) im pädagogischen Alltag angewendet. Diese zielen vorgeblich auf Entwicklungsförderung, resultieren aber mehr oder weniger subtil in Disziplinierung und Anpassung.
Zu den verschiedenen Themen werden im Kino im Schillerhof an vier Abenden Dokumentar- und Spielfilme gezeigt, die öffentliche (Erziehungs)Maßnahmen ganz unterschiedlich aufgreifen. Dazu finden jeweils Filmgespräche mit Gästen statt.
Detaillierte Informationen zur Veranstaltungsreihe finden Sie hier im Flyer